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Nur ein schlichter Hobbit   by jodancingtree

Bilbo und Frodo kamen bei Sonnenuntergang den Hügel hinauf. Sie hatten einige Zeit für den Fußweg von Bockland her gebraucht und vom Regen überhaupt nichts mitbekommen. Die Trockenheit hielt Bockland immer noch im Griff, und sie waren überrascht davon, dass die Wässer hoch dahinströmte, fast am Rand der Brücke, und auch von den Pfützen in den Vertiefungen der Wege.

Sie kamen von der Rückseite her nach Beutelsend, durch den Garten. Alles war grün und saftig; die Tomatenpflanzen drängten aus ihren Stützkäfigen, mit Früchten beladen, und der Salat hatte Köpfe gebildet, die so groß waren wie ihre eigenen.

Sam kam aus dem Gartenschuppen.

„Hallo, Sam!“ begrüßte ihn Frodo. „Gehst du denn nie nach Hause?“

„Wollte ich gerade. Gut, dich wiederzusehen, Herr, und dich auch, Herr Bilbo. Möchtest du ein paar Tomaten zum Abendessen?“

„Ja bitte, Sam.“ sagte Bilbo. „Bringst du sie mit, Frodo? Ich gehe gleich rein, damit ich den Rucksack vom Buckel kriege. Nach dieser Wanderung könnte ich eine Tasse Tee vertragen.“

Sam ging zurück in den Schuppen, um einen Korb zu holen und Frodo folgte ihm hinüber zum Gemüseacker. Plötzlich hörten sie Bilbo drinnen im Smial schreien. Sie starrten einander für einen erschreckten Moment lang an, dann rannten sie dorthin, woher das Geschrei kam.

Bilbo stand direkt hinter dem rückwärtigen Eingang, bis zu den Knöcheln im Wasser.

„Was zum Donnerwetter ist das denn?“ brüllte er. „Wo kommt diese ganze Brühe her?“

Sam gab ein entsetztes Quieken von sich und verschwand um die Ecke des Smial. Frodo nahm Bilbo am Arm und führte ihm hinüber zum Küchentisch.

„Komm Bilbo, wir nehmen dir erstmal den Rucksack ab. Dann schauen wir uns an, was hier los ist.“ Er half seinem Onkel, dann streifte er seinen eigenen Rucksack herunter und ließ alle beide auf dem Tisch, weg von der Nässe. Sie machten sich auf den Weg durch den Smial, ein Zimmer nach dem anderen.

Überall stand das schlammige Wasser knöcheltief. Im Studierzimmer waren einige Bücher auf dem Boden liegen geblieben. Bilbo hob sie mit einem Stöhnen auf und legte sie, durchweicht und verdreckt wie sie waren, auf den Schreibtisch. Die Bettdecken trieben in der Brühe; Frodo raffte sie zusammen und legte sie dazu, ebenso wie ein Kissen, das er herausfischen musste, weil es irgendwie ebenfalls auf dem Boden gelandet war.

„Bloß gut, das wir jede Menge zusätzliches Bettzeug haben.“ grollte Bilbo. „Aber es wird harte Arbeit, die Bücher wieder herzurichten – falls man sie überhaupt je wieder hinbekommt. Ich kann nur hoffen, dass die Flut nicht bis ins Empfangszimmer gelangt ist!“

Es gab einigen Grund zur Hoffnung, denn das Empfangszimmer hatte eine stabile Tür, die stets verschlossen war. Als sie sie allerdings öffneten, sahen sie, dass das Empfangszimmer genauso unter Wasser stand wie der ganze Rest von Beutelsend.

Bilbo fluchte, und Frodo starrte ihn an. Es war Ehrensache, dass Bilbo sich nie in die Niederungen vulgärer Ausdrücke herabließ. „Wenn du dich nicht in sauberem Westron ausdrücken kannst, mein Junge“ sagte er gern, „dann ist das für deinen Umgang mit der Sprache ein echtes Armutszeugnis.“ Jetzt aber fluchte Bilbo, ohne Luft zu holen; er bückte sich und hob eine Ecke des Teppichs an. Er war aus schwerer Seide mit einem erhaben eingewebten Muster aus Blättern und fließenden Weinranken, ein wunderschönes Stück. Nur war die Schönheit jetzt dahin... er war durchweicht, von Schlamm bedeckt und ruiniert.

Bilbo fluchte erneut. Er platschte in den Raum hinein und sank auf einem Stuhl in sich zusammen. Sein Gesicht war wachsbleich und seine Hände zitterten; und Frodo drängte sich mit aller Macht die Tatsache auf, dass sein Onkel immerhin einhundertzehn Jahre alt war.

„Bleib still sitzen, Bilbo.“ sagte er. „Ich hol dir ein bisschen Branntwein.“

Er war in der Küche und machte die Flasche auf, als Sam hereinwatete. Er sah fast genauso verzweifelt aus wie Bilbo.

„Es waren diese vermaledeiten Bewässerungsrohre, Herr Frodo! Sie waren offen, um den ganzen Smial herum, und so nass, wie der Boden war von dem Regen, den wir letzte Woche hatten – es gab massenhaft Regen, während ihr weg wart. Aber wie diese Ventile aufgegangen sind, weiß ich nicht! Ich hab sie vor einer Woche fest zugedreht, als der Sturm zuerst losging. Tatsache ist, ich versteh das kein bisschen! Der Boden konnte wohl nicht mehr Wasser aufnehmen, und da ist alles hier reingelaufen.“

Sam lehnte sich gegen die Feuerstelle und sah aus, als würde er jeden Moment losheulen. Frodo holte ein zweites Glas heraus.

„Hier, Junge, du solltest besser auch etwas trinken, du siehst aus, als hättest du es nötig. Und dann holst du ein paar Eimer und Aufnehmer und wir fangen an, diese Schweinerei sauberzumachen. Ich bin im Empfangszimmer bei Bilbo.“

Als Sam seine Eimer ins Empfangszimmer brachte, sah Bilbo etwas besser aus. Dennoch wollte Frodo ihn nicht mithelfen lassen und schickte ihn mit einem sanften Schubs ins Studierzimmer.

„Du nimmst dir noch ein bisschen Branntwein, und dann setzt du dich hin und überlegst, wie wir deine Bücher wieder sauber bekommen. Sam und ich, wir bringen das Wasser hier schon heraus.“

Selbst als sie die Arbeit gemeinsam in Angriff nahmen, dauerte es Stunden. Zuerst begannen sie damit, das Wasser hoch zu schöpfen und aus den Fenstern zu schütten, aber das war eine Qual für den Rücken und ging zu langsam. Zuletzt öffneten sie die Vordertür, gingen von Zimmer zu Zimmer und schoben das Wasser mit den Aufnehmern vor sich her. Dabei spritzte die schmutzige Flut zwar die Wände hoch, aber endlich war die Brühe draußen. Alles war noch immer verdreckt und feucht, aber wenigstens wateten sie nicht mehr herum.

Als letztes rafften sie den ruinierten Teppich zusammen. Sam schleifte ihn zur Tür hinaus und Frodo holte von der Pumpe einen Eimer klares Wasser und fing an, den Boden aufzuwischen. Bilbo kam und stand im Türrahmen, mit grimmigem Gesicht sein zerstörtes Empfangszimmer betrachtend. Innerhalb weniger Minuten war Sam wieder zurück, die Arme voller Kleinholz, und er bereitete im Kamin ein Feuer vor.

„Das sollte alles wieder ein bisschen trocknen, Herr Bilbo.“ sagte er. Er klang ruhig genug, aber er brauchte mehrere Versuche, Funken zu schlagen und Frodo sah, dass seine Hände zitterten.

Als das Feuer brannte, kam Bilbo ins Zimmer und setzte sich hin. „Danke, Sam. Jetzt wirst du mir vielleicht erklären, wie das hier passieren konnte.“

Sein Ton war sehr spröde, und Frodo sah ihn voller Staunen an. Bilbo machte doch sicher nicht Sam für die Überschwemmung verantwortlich?

Aber anscheinend tat Bilbo es doch. Seine Augen ruhten auf Sam ohne eine Spur von seinem üblichen Humor, und Sam schien unter seinem Blick zusammenzuschrumpfen.

Trotzdem sah er Bilbo an und begegnete seinen Augen mit der vertrauten Direktheit. „Ich weiß es nicht, Herr Bilbo, und das ist die Wahrheit. Die Ventile für die Bewässerungsrohre waren offen, rund um den Smial – jetzt habe ich sie natürlich alle zugedreht! Aber diese Ventile waren seit einer Woche zu, Herr, seit die Trockenheit aufgehört hat. Ich weiß nicht, wie sie heute aufgegangen sind.“

Bilbo nahm das schweigend zur Kenntnis und ließ den Branntwein in seinem Glas kreisen. Sam stand vor ihm wie ein Gefangener auf der Anklagebank, der auf sein Urteil wartet.

Endlich sagte Bilbo sehr leise: „Oder vielleicht hast du vergessen, die Ventile rund um den Smial zu schließen, Sam?“

Die Frage hing in der Luft und Frodo starrte seinen Onkel ungläubig an. Dachte Bilbo, Sam würde lügen?

„Ich fürchte, nach allem, was passiert ist, dass du doch ein bisschen zu jung bist für diese Aufgabe. Du brauchst morgen nicht zur Arbeit zu kommen.“ Bilbo erhob seinen Blick zu Sams kummervollem Gesicht und seine Stimme wurde ein klein wenig sanfter. „Wenn ich jemanden gefunden habe, der den Garten übernimmt – jemanden, der ein bisschen älter ist – dann kannst du als sein Gehilfe wiederkommen. Ich denke, ich habe von dir zu viel erwartet, jung wie du bist.“

Sam war sehr blass geworden, und Frodo unterdrückte einen Protest. Dies war nicht der richtige Moment; er würde es später mit Bilbo aufnehmen. Er wollte ihn nur zur Vernunft bringen. Es war unvernünftig, Sam für die Flut verantwortlich zu machen.

Tränen standen in Sams Augen, aber er hielt sich mit unerwarteter Würde. „Sehr gut, Herr Bilbo. Es tut mir sehr leid, Herr.“ Er ging hinaus und schloss die Tür leise hinter sich.

Frodo öffnete den Mund, aber Bilbo hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Nicht heute abend, mein Junge. Wir hatten genug für einen Tag. Was immer du zu sagen hast, kann bis morgen warten.“

 





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