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Nur ein schlichter Hobbit   by jodancingtree

Beim Frühstück am nächsten Morgen stritt sich Frodo zum ersten Mal in seinem Leben mit Bilbo.

„Schließlich hast du ihm selbst gesagt, er soll die Bewässerungsanlage einbauen! Es ist wohl kaum gerecht, Sam ganz allein die Schuld zu geben, wenn es nicht gut geht.“

Bilbo konzentrierte sich darauf, sein weich gekochtes Ei zu köpfen; er ritzte es rundherum mit dem Löffel ein und hob die Spitze sorgsam ab. Sein Gesicht war entschlossen.

„Frodo, das war ein wertvoller Teppich. Wertvoller als alles im Smial der Gamdschies, könnte ich mir vorstellen. Und das ist nur der allerschlimmste Schaden! Sam’s Unvorsichtigkeit kommt mich reichlich teuer.“ Er fing an, sein Ei zu essen. „Wenn man es bedenkt, kommt es dich genauso teuer. Du hättest den Teppich eines Tages geerbt.“

Frodo kippte sich gerade Milch in den Tee, aber bei dieser Bemerkung verschüttete er den gesamten Inhalt des Milchkruges über den Tisch. Er fluchte heftig und versuchte die vergossene Milch mit seiner Serviette aufzuwischen, dann gab er das Unternehmen als hoffnungslos auf und zerrte an der Schrankschublade, um ein Küchenhandtuch herauszuholen.

Bilbo nahm ihm das Handtuch ab und trocknete die Milch auf. „Nim dir eine frische Tasse, Junge, und beruhige dich. Ich habe nicht die Absicht, Sam den Teppich bezahlen lassen, weißt du.“

„Nein, mir war klar, dass du das nicht machst. Aber du hast ihn aus dem Garten verbannt, und das ist in gewisser Weise noch schlimmer. Sam wird ohne ihn verloren sein. Und bis jetzt hat er doch gute Arbeit geleistet, oder nicht?“

„Bis jetzt, ja. Aber dieses Jetzt ist eine ziemlich große Ausnahme, Frodo! Beutelsend über einen Meter im Dreckwasser – die Beine der Möbel müssen gereinigt und neu gewachst werden, nach dem sie in dieser Brühe gestanden haben, und der untere Teil der Wände auch – wir brauchen neue Tapeten in den Schlafzimmern, und die Holzverkleidungen in den anderen Zimmern müssen unten abgeschliffen werden – von dem total verdorbenen Teppich gar nicht zu reden...“

Frodo sprang auf und ging unruhig im Zimmer hin und her. „Ich verstehe dich nicht, Bilbo! Du bist immer so gut zu Sam gewesen – jahrelang hast du hier mehr oder weniger eine Ein-Kind-Schule abgehalten für ihn! Jetzt redest du, als wäre das einzige, worauf es ankommt, dieser lächerliche Teppich.“

 

„Lächerlich ist das, mein Junge?“ Der Zorn in Bilbos Stimme machte Frodo betroffen. „Für dich vielleicht. Aber ich halte große Stücke auf diesen ,lächerlichen Teppich’, das kann ich dir sagen! Der Teppich war ein Hochzeitsgeschenk für meine Mutter, und es gibt wenige Dinge in dieser Höhle, die mir kostbarer sind. Er hat seit über einem Jahrhundert im Empfangszimmer von Beutelsend gelegen. Bis jetzt – und nun ist er durch die schlichte Nachlässigkeit von Sam Gamdschie ruiniert!“

Er schob seinen erst halb leer gegessenen Frühstücksteller von sich. Frodo beugte sich vor und legte einen Arm um ihn.

„Es tut mir leid, Bilbo. Ich hätte nicht so mit dir reden sollen – ich wusste nicht, dass er dir so viel bedeutet. Aber ehrlich, ist es gerecht, Sam zu beschuldigen?“

„Gut, aber wen denn sonst? Er gibt zu, dass alle Ventile rings um den Smial offen waren – wer sonst hätte sie öffnen sollen? Ich sage ja nicht, dass er es mit Absicht gemacht hat, aber er war unvorsichtig, Frodo! Ich will keinen unvorsichtigen Gärtner - ich liebe meinen Garten. Es war ein Fehler von meiner Seite, Sam in seinem Alter auf diesen Posten zu setzen.“

Und obwohl Frodo den ganzen Morgen über weiter mit ihm stritt, konnte er Bilbo nicht davon abbringen. Sam mochte als Gehilfe zurückkommen, wenn ein neuer Gärtner gefunden war. Bis dahin war kein Platz für ihn in Beutelsend.

„Ich habe dem Jungen seine Chance gegeben, weil du darauf bestanden hast. Aber für diese Art von Verantwortung ist er noch nicht bereit, und das ist mein letztes Wort!“

 

*****

Das Frühstück bei den Gamdschies war wesentlich gedämpfter. Sam hatte bis zum Morgen gewartet, bevor er dem Ohm die Neuigkeiten mitteilte. Er hatte das Gefühl, wenigstens noch eine Nacht in Frieden zu brauchen, bevor sich der Zorn seines Vaters über seinem Kopf entlud. Den größten Teil dieser Nacht saß er schlaflos am Fenster, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Er war wie betäubt, musste sich aber irgendwie ständig Tränen aus dem Gesicht wischen.

Wie sich herausstellte, nahm der Ohm es ruhiger auf, als er gefürchtet hatte.

„Ich hab die ganze Zeit gesagt, du bist zu jung.“ sagte er verdrießlich und rührte Zucker in seinen Tee. Sam stand an der Feuerstelle und buk Pfannkuchen. „Mach mal besser langsam mit dem Essen da, Sam. Heb was davon für’s Abendessen auf. Erst die Erdbeeren erfroren, und jetzt das! Demnächst wird hier Schmalhans Küchenmeister sein, denke ich.“

„Ich gehe heute morgen mal rüber zu Bauer Kattun, Ohm. Vielleicht kann er mich anheuern. Die müssten eine Menge zu tun haben, jetzt, wo bald die Ernte anfängt.“

Sam erwähnte nicht Bilbos Versprechen, ihn als Gehilfen zurückkommen zu lassen, sobald der neue Gärtner benannt war. Er nahm an, dass es dazu hatte kommen müssen – nur noch wenige Chancen für sorglose Landarbeit, wenn die kalte Jahreszeit kam. Bilbo war immer großzügig zu denen, die für ihn arbeiteten und fand Beschäftigungen für sie während der harten Wintermonate. Aber jetzt hatte Sam das Gefühl, er könne es nicht ertragen, wieder ein Gehilfe in Beutelsend zu sein, wo er in den vergangenen sechs Monaten die Verantwortung getragen hatte. Die glücklichsten Monate seines Lebens.

Er hatte einen walnussgroßen Kloß in der Kehle und seine Augen tränten. „Zur Hölle mit diesem qualmenden Feuer!“ sagte er erbittert und rieb sich die Augen mit dem Hemdsärmel.





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