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Nur ein schlichter Hobbit   by jodancingtree

Sam fand Bauer Kattun mit seinen Jungen in der Scheune, wo sie die Sensen schliffen und allgemein alles für die Ernte fertig machten.

„Suchst du nach Marigold, Sam? Sie ist oben im Haus; die Mädchen buttern heute.“

Sam suchte keineswegs nach Marigold, aber es kam ihm in den Sinn, dass er besser dafür sorgen sollte, dass sie diesen Winter über auf dem Hof blieb. Er würde sie daheim vermissen, aber das Geld würde nun knapp werden für die Gamdschies.

„Ich lauf hoch und schau nach ihr, bevor ich wieder nach Hause gehe, Herr Kattun. Kann ich bitte ein Wort mit dir reden?“

„Natürlich, Sam. Wo die anderen nicht zuhören können, meinst du?“

Sam zögerte. Was für einen Unterschied würde es schon machen; die Geschichte war bis zum Nachmittag wahrscheinlich sowieso in ganz Wasserau herum. Die Jungen konnten sie genauso gut von ihm hören.

„Ist nicht nötig, Herr. Die Sache ist die, ich bin entlassen worden. Herr Bilbo will jemand Älteren, der sich um den Garten kümmert. Ich dachte, du könntest vielleicht ein Paar Hände gebrauchen, mit der Ernte und allem.“

Die Kattunfamilie, Jung und Alt, starrten ihn erschrocken an. Tom pfiff.

„Liebe Güte, Sam, was hast du angestellt? Ich dachte, du wärst Herrn Bilbos Goldjunge.“

Der zwölfjährige Nick lachte wiehernd. „Nee, das is’ Frodo, du Dämel!“

„Du weißt, was ich meine, Würstchen!“ Tom schnappte sich seinen Bruder und steckte ihn mit dem Kopf zuerst in einen Heuhaufen. „Nein, ernsthaft, Sam... wieso haben sie dich entlassen? Ich dachte, du hättest in Beutelsend eine Arbeit auf Lebenszeit!“

„Die Höhle ist gestern überschwemmt worden. Die Bewässerungsventile rund um den Smial waren offen, und mit dem nassen Boden nach all dem Regen, den wir hatten – alles stand unter Wasser, als sie von Bockland zurückkamen. Herr Bilbo sagt, ich war unvorsichtig und hab die Ventile offen gelassen. Aber das hab ich nicht.“

Er begegnete den Augen von Herrn Kattun. „Ich hab’s nicht, Herr! Die Ventile waren seit einer Woche geschlossen, seit der Regen angefangen hat! Ich weiß nicht, wie sie wieder aufgehen konnten.“

„Jawohl, und genau das ist das Problem mit diesen neumodischen Verrücktheiten, Sam – du weißt nie, wie du mit ihnen dran bist! Du hättest das Wasser besser weiter im Eimer geholt, dann wärst du noch in Diensten, mein Junge. Aber gut, wir können deine Hilfe hier brauchen, wenn es dir nichts ausmacht, auf die altmodische Art und Weise zu arbeiten.“

Der Bauer lachte und schlug ihm auf den Rücken, aber seine herzliche Witzelei zerrte an Sams Nerven. Er hatte Herrn Bilbos Vertrauen veloren und den Respekt von Bauer Kattun obendrein, wie es schien. Er nahm einen Wetzstein vom Regal an der Scheunenwand und fing an, eine der Sensen zu schleifen.

Er wollte sich in der Arbeit verlieren und eine Weile alles vergessen, aber es wurde ihm nicht gestattet. Das Gespräch floß um ihn herum, voller Mutmaßungen, wer zum neuen Gärtner von Beutelsend ernannt werden würde, und was dieser Nachfolger wohl täte.

„Ich wette, als erstes reißt er deine Bewässerungsrohre wieder raus, Sam.“ sagte Tom. „Nur für den Fall, dass sie wieder überlaufen, wenn er es gar nicht will und ihn in Schwierigkeiten bringen. Deine ganze Arbeit war verschwendet, wirst sehen.“

„Aber er nimmt sie als Bohnenstangen!“ sagte Nibs mit einem Lachen. Sam führte den Stein weiter in einem gleichmäßigen Rhythmus an der Sense entlang und sagte nichts.

„Lässt Herr Bilbo dich als Gehilfen zurückkommen, Sam?“ fragte der Bauer.

„Das hat er jedenfalls gesagt.“

„Jawohl, Herr Bilbo ist einer von der gerechten Sorte. Also, mach deine Arbeit anständig, wenn du wieder hingehst, Junge. Keine verrückten Einfälle mehr, meine ich. Die alte Art ist die beste, und damit ist alles gesagt.“

Sam nickte, das Gesicht ausdruckslos.

Später an diesem Vormittag kam Rosie mit einem Krug Limonade. Die Arbeit hörte auf, und die Jungen überschrien sich gegenseitig, um Sams Anwesenheit zu erklären. Rosie sah ihn voller Mitleid an, und er spürte das wilde Bedürfnis, seine Faust geradewegs durch eine Mauer zu rammen. Er machte sich wieder an die Arbeit, ohne etwas von der Limonade zu nehmen. Er hätte sie sowieso nicht heruntergebracht.

Mittags gingen sie zum Essen ins Haus. Kaum, dass er zur Tür hereingekommen war, warf sich Marigold in seine Arme. „Oh, Sam, sie sagen, du hast deine Arbeit verloren, sie sagen, Herr Bilbo hat dich weggeschickt!“ Sie starrte zu ihm hoch, die Augen geweitet. „Oh Sam, ist der Ohm sehr böse auf dich?“

Er umarmte sie ganz fest. Seine kleine Schwester. Himmel, wie er sie vermisste, wenn sie nicht zu Hause war! Wie er sie diesen Winter vermissen würde.

„Der Ohm kommt schon klar, Marigold. Wir werden alle damit zurechtkommen. Was hältst du davon, in diesem Winter hier zu bleiben?“

„Nicht nach Hause kommen, meinst du? Aber warum, Sam?“ Er zuckte die Achseln, aber sie verstand. „Ach so... um Geld zu sparen. Du hast deine Arbeit verloren, und jetzt kann ich den ganzen Winter nicht heimkommen. Oh Sam, das ist nicht gerecht!“

Er streichelte ihr hilflos über das Haar. „Ich dachte, es gefällt dir hier, Marigold. Mit den anderen jungen Leuten, mit Rose und allen. Und Frau Kattun, die auf euch aufpasst.“

„Im Sommer ist das in Ordnung. Es macht irgendwie Spaß. Aber das heißt nicht, dass ich gar nicht mehr nach Hause kommen will!“ Sie klang jetzt wütend. „Rose sagt, das ist alles bloß wegen diesem dummen Bewässerungs-Ding passiert, das du in Beutelsend eingebaut hast... deswegen hat Herr Bilbo dich weggeschickt. Es hat Wasser in den Smial laufen lassen bis hoch zu den Fenstern. Und jetzt kann ich deinetwegen nicht nach Hause gehen! Ich hasse dich, Sam!“

Sie brach in Tränen aus, riß sich von ihm los und rannte röckerauschend aus dem Zimmer. Sam blieb, wo sie ihn stehen gelassen hatte, und ihre Stimme dröhnte ihm in den Ohren.

Frau Kattun kam gerade rechtzeitig ins Zimmer, um Marigolds Worte noch zu hören. Sie legte Sam eine Hand auf den Arm und sagte: „Nimm’s dir nicht zu Herzen, Sam, sie wird schon drüber wegkommen. Sie hat sich aufgeregt, aber du weißt, dass sie dich liebt. Und sie ist uns den Winter über willkommen, so lange es nötig ist... bis du und der Ohm mit allem klargekommen seid.“

Sam seufzte und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht; er war plötzlich sehr müde. „Dank’schön auch, Frau Kattun. Du und Herr Kattun, ihr wart wahre Freunde für uns Gamdschies, seitdem unsere Mutter gestorben ist.“

„Ja wirklich, Sam, du bist ein guter Junge, und Marigold ist ein gutes Mädel. Das ist eine richtig harte Lektion für dich, aber in Zukunft wirst du vorsichtiger sein, daran hab ich keinen Zweifel. Du warst reichlich jung, um da oben zu arbeiten, das habe ich Herrn Kattun von Anfang an gesagt.“

Sie ging ins Speisezimmer und Sam starrte hinter ihr her. Also dachte auch Frau Kattun, er hätte in Beutelsend versagt. Scheinbar gab es niemanden, der ihm glauben wollte.

Sein Appetit war dahin; Sam wanderte hinaus auf den Hof. Er stand an einen Baum gelehnt, starrte auf den Boden, riss ein Blatt in dünne Streifen, und versuchte, nicht nachzudenken. Er hörte Schritte, die eilig den Weg zum Hof hinunterkamen, aber er sah nicht auf. Im Moment wollte er niemanden sehen. Die Schritte kamen vor ihm zum Stehen, und dann war es lange still. Endlich blickte er hoch.

 

Frodo.

„Der Ohm hat mir gesagt, dass ich dich hier finde. Oh Sam, ich kann dir gar nicht sagen, wir leid mir das alles tut. Ich habe mich den ganzen Morgen über mit Bilbo gestritten, aber ich dringe einfach nicht zu ihm durch.“

„Das ist schon recht, Herr Frodo.“

Er wünschte sich, Frodo würde weggehen. Du solltest ihn nicht enttäuschen, hatte Herr Bilbo ihm gesagt, damals im Februar. Nun ja, er hatte ihn enttäuscht, aber richtig. Nun wusste er nicht, wie er ihm ins Gesicht sehen sollte. Er riss noch ein Blatt vom Baum und fing an, es zu zerpflücken.

„Nein, es ist nicht recht! Sam, hör auf, dieses Blatt kaputtzumachen und hör mir zu!“ Er bekam Sams Handgelenk zu fassen. „Du hast diese Ventile nicht offen gelassen, alter Junge, denkst du, ich weiß das nicht? Die Überschwemmung war nicht deine Schuld. Bilbo wird das früher oder später begreifen, aber mir wäre früher lieber. Jetzt hilf mir nachdenken!“

Zum dritten Mal in zwei Tagen erlebte Sam, dass er mit den Tränen kämpfen musste. „Du glaubst mir, Herr Frodo? Ich hab die Ventile nicht offen gelassen, nie im Leben!“

„Natürlich glaube ich dir! Wenn ich dich je bei einer Lüge ertappe, dann... dann sehe ich wahrscheinlich gleichzeitig, wie die Sonne vom Himmel fällt! Du sagst, du hast diese Ventile geschlossen, und das ist alles, was ich wissen muss. Aber gestern waren sie wieder offen... so hast du sie doch vorgefunden, richtig?“

„Das stimmt, Herr Frodo, alle Ventile rund um den Smial. Aber von den anderen war keines offen, nicht im Rosengarten oder anderswo. Nur um den Smial herum.“ Er zog eine Grimasse. „Das ist merkwürdig, jetzt, wo ich darüber nachdenke. Als wär’s mit Absicht passiert, um alles zu überschwemmen.“ Er schüttelte den Kopf, um ihn klar zu bekommen. „Nein, das ist ein verrückter Einfall. Wer sollte Beutelsend überschwemmen wollen? Jedermann kann Herrn Bilbo gut leiden!“

„Nicht jedermann, Sam. Obwohl ich mir nicht richtig vorstellen kann, wie Lobelia im Garten herumschleicht und Wasserventile öffnet! Lotho allerdings...“ Er brachte den Satz nicht zu Ende, als ob ihm die Richtung, in die seine Gedanken ihn führten, nicht gefiel.

Sams Gedanken indessen feierten immer noch das Vertrauen, das Frodo in ihn setzte. Einen Freund zu finden, der ihm immer noch glaubte, das war, als ginge die Sonne in der dunkelsten Stunde der Nacht auf. Er hatte nie gewusst, wie dringend man manchmal einen Freund brauchte.

 

*****

Als die Arbeit an diesem Abend getan war, blieb Sam zurück.

„Kann ich mir für eine Weile deinen Karren ausleihen, Herr Kattun?“

„Klar, Sam, wann immer du ihn brauchst. Was hast du denn vor?“

„Es ist der Teppich aus dem Empfangszimmer in Beutelsend... er ist nass und schmutzig, aber... wenn ich ihn im Wasserauer Teich auswasche und flach zum Trocknen ausbreite... na ja, es ist einen Versuch wert, was auch immer ich tue. Bilbo hat immer viel von diesem Stück Teppich gehalten.“

„Also, schnapp dir den Wagen und hol ihn her, Sam, und wir wollen sehen, was wir tun können. Vielleicht kann dir Frau Kattun sagen, was man am besten macht, um ihn sauber zu kriegen, und du kannst ihn zum Trocknen auf den Dreschboden legen. Den brauchen wir jetzt eine ganze Weile nicht mehr.“ Aber als Sam sich herumdrehte, um in den Stall zu gehen, nahm ihn der Bauer bei der Schulter.

„Ich bin froh, zu sehen, dass du ihm nichts nachträgst, Sam. Bist ein guter Junge.“

 





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